Höhere Rente für Ingenieure?
Quelle:
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=797406
Von Renate Berthold
Für die technische Intelligenz der DDR gab es eine Zusatzversorgung im Alter. Das beschäftigt noch immer die BfA.
Sage und schreibe 27 verschiedene Zusatzversorgungssysteme hat es in der DDR
gegeben - für Generaldirektoren von Kombinaten oder Mitarbeiter im
Staatsapparat, für Lehrer oder Ärzte und Apotheker. Und auch für die technische
Intelligenz. Bereits 1950 ist diese Zusatzversorgung eingeführt worden -
Ingenieure und Techniker sollten so im Lande gehalten werden. Der "Dank" für
diese Treue war eine höhere Altersrente, für die aber keine zusätzlichen
Beiträge abgeführt werden mussten.
Mitte 1990 sind die 27 Systeme geschlossen worden. Bis heute werden alle
Ansprüche durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) über das
Anspruchs- und Anwartschaftsüberleitungsgesetz (AAÜG) geregelt. Nicht nur der
Name ist kompliziert, auch die Regelungen sind es, zumal sie im Laufe der Jahre
mehrfach durch Sozialgerichtsurteile korrigiert worden sind. So geschehen auch
im Falle der technischen Intelligenz.
Zunächst galt, dass Betroffene mit einer Versorgungszusage, also mit einer
entsprechenden Urkunde, die Zusatzrente erhalten. Damit war der Kreis der
Anspruchsberechtigten ziemlich klein. 1998 hat das Bundessozialgericht
entschieden, dass es auf diese Formalie allein nicht ankommt. Und 2001 sind
Kriterien definiert worden, die zum Stichtag 30. Juni 1990 erfüllt sein müssen,
um Anspruch auf die Zusatzversorgung zu haben.
Klare Kriterien
Dabei handelt es sich um drei Bedingungen, erläutert Ursula Geissler,
Mitarbeiterin der BfA in Dresden. Erstens müssen die Betroffenen zum Stichtag
30. Juni 1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem dem
volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb gearbeitet haben. Dazu
gehören zum Beispiel wissenschaftliche Institute oder volkseigene Güter.
Zweitens muss die Qualifikation als Ingenieur oder Techniker vorhanden sein und
drittens müssen die Betroffenen eine entsprechende ingenieur-technische
Tätigkeit ausgeübt haben. "Wir prüfen bei den Versicherten, ob diese drei
Voraussetzungen erfüllt sind. Trifft das zu, dann bekommen sie eine höhere
Rente, weil dann der tatsächliche Verdienst die Grundlage der Berechnung ist
und nicht nur die Summe, auf die Beiträge gezahlt worden, sind", erklärt Ursula
Geissler. Die Differenz zwischen dem Anspruch aus eingezahlten Beiträgen und
der Zusatzversorgung wird übrigens so wie bei allen Zusatzversorgungssystemen
vom Steuerzahler finanziert. Wer allerdings zu DDR-Zeiten die freiwillige
Zusatzrente (FZR) abgeschlossen und voll ausgereizt hat, bei dem ändert sich
die Höhe der Gesamtrente kaum. Interessant sei das vor allem für jene, die
nicht in der FZR waren. Allerdings bedeutet das nicht, dass jene, die in die
FZR eingezahlt haben, ihre Beiträge zurückfordern können, weil sie quasi
doppelt abgesichert waren. Das Landessozialgericht in Chemnitz hat entschieden,
dass dies nicht möglich ist.
Riesaer Stahlwerk fällt durch
Da der Teufel bekanntlich im Detail steckt, ist die Zusatzversorgung für die
technische Intelligenz in etwa jedem dritten Beratungsgespräch der BfA ein
wichtiges Thema. "Anfangs ging es vor allem darum, welche Betriebe die
Voraussetzungen für die Anerkennung der Zusatzversorgung erfüllen" erzählt
Ursula Geissler. Klar ist per Definition, dass weder die HO noch der
Kraftverkehr noch die Gebäudewirtschaft beispielsweise volkseigene
Produktionsbetriebe waren. Doch auch der ehemalige VEB Stahl- und Walzwerk
Riesa konnte nicht anerkannt werden, weil zwei Tage vor dem Stichtag, nämlich
am 28. Juni 1990, die Gründung einer Aktiengesellschaft erfolgt ist. Damit war
das Werk am 30. Juni 1990 kein volkseigener Produktionsbetrieb mehr. "Das ist
sicher für den Einzelnen, der dort 20 oder 30 Jahre als Ingenieur gearbeitet
hat, sehr hart", sagt Ursula Geissler, "aber Stichtagsregelungen können nie
gerecht sein." Auch der einstige VEB Elektronikprojekt Dresden erfüllt nicht
die Kriterien, weil der Hauptzweck des Betriebes nicht die industrielle
Produktion, sondern die Projektierung von Industrieanlagen war. Einbezogen
hingegen werden Ingenieure aus dem einstigen VEB Robotronprojekt Dresden, weil
dieser Betrieb durch ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. Oktober 2004
einem Forschungsinstitut gleichgestellt worden ist.
Inzwischen ist die Einstufung der Betriebe so gut wie abgeschlossen, jetzt
steht mehr die Tätigkeit der Versicherten im Vordergrund und damit die Frage,
ob diese als ingenieurtechnische Tätigkeit gilt.
Informationsveranstaltung zum Thema Zusatzversorgung der technischen
Intelligenz am Dienstag, dem 8. März, 16.30 Uhr in der BfA Dresden,
Fetscherstraße 34. Eine Anmeldung ist wegen begrenzter Plätze unter 0351/44 06
01 01 erforderlich.
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